Reaktivierung: Idee bis Inbetriebnahme

Vorhandenes neu genutzt: Wie eine Reaktivierung abläuft

Um mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, muss die Infrastruktur ausgebaut werden. Dazu verfolgt der NWL als Aufgabenträger für den SPNV in der Region mehrere Reaktivierungs- und Ausbauprojekte. Reaktivierung bedeutet: Ein leistungsfähiges und attraktives Verkehrsmittel für den öffentlichen Nahverkehr auf der Schiene hinzuzugewinnen. Mit einer Reaktivierung sind hohe planerische und finanzielle Aufwendungen und auch Risiken verbunden, sodass eine sorgfältige Planung und eine risikobewusste Entscheidung unverzichtbar sind.

Daher nehmen SPNV-Reaktivierungsprojekte im NWL einen besonderen Stellenwert ein. Der NWL ist Initiator, Mitfinanzierer und Steuerer der planungs- und zeitaufwändigen Reaktivierungsprojekte. Zu seinen Projektpartnern zählen unter anderem die Eigentümer und Betreiber der Infrastruktur, z.B. DB InfraGO (ehemals DB Netz), die Verkehrsbetriebe Extertal oder die Westfälische Landes-Eisenbahn. Die Finanzierung erfolgt zu weiten Teilen aus öffentlichen Geldern des Bundes und Landes. Daher ist der Ablauf in weiten Teilen gesetzlich festgelegt. Dadurch sind die Schritte von Infrastrukturprojekten im Kern vergleichbar. Sie gelten nicht nur für den NWL-Raum, sondern in ganz NRW. Deutschlandweit variieren sie im Detail von Bundesland zu Bundesland.

Vorbereitung durch den NWL

Der NWL erhält von seinen politischen Gremien den Auftrag, eine potenzielle Streckenreaktivierung unter dem Aspekt öffentlicher und volkswirtschaftlicher Interessen in einer sog. Machbarkeitsstudie zu prüfen. In die Prüfung und anschließende Planung werden die spezifischen Anforderungen, Ziele und Bedürfnisse der Region einbezogen. Kosten und Nutzen werden gegeneinander abgewogen. Das Ergebnis ist eine grundsätzliche Einschätzung des möglichen Projekts.

 

Ablauf eines Planungsverfahrens

Auf Basis der durch den NWL erarbeiteten Machbarkeitsstudie sammelt der Infrastrukturbetreiber grundlegende Informationen für die weitere Planung und konkretisiert Ziele und Maßnahmen.

Die Projektpartner erarbeiten auf Basis der gegebenen Rahmenbedingungen der Machbarkeitsstudie Zeitpläne und Bauvorhaben sowie eine Kostenkalkulation. Auch prüfen sie rechtliche Vorgaben und Bedingungen sowie notwendige Genehmigungen. Sind die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben, wird eine sog. Standardisierte Bewertung beauftragt.

Der Kosten-Nutzen-Indikator der Standardisierten Bewertung gibt Aufschluss über die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit eines Projekts. Die erwarteten Auswirkungen eines Projekts (z.B. schnellere Fahrzeiten und niedrigere CO2-Emissionen) werden mit den prognostizierten Kosten aufgewogen. Beispiel bei einem Ergebniswert von 1,5: Jeder investierte Euro hat einen erwartbaren volkswirtschaftlichen Nutzen von bis zu 1,50 Euro. Das Land NRW prüft auf Basis der eingereichten Kosten-Nutzen-Untersuchung, ob sich das Projekt für eine Förderung durch Landes- und Bundesmittel eignet. Bei positivem Ergebnis kann das Vorhaben in den ÖPNV-Bedarfsplan NRW aufgenommen werden – das bedeutet, es wird offiziell unterstützt.

In der Entwurfsplanung erstellen die zuständigen Projektpartner detaillierte technische Pläne für die Umsetzung des Projekts und führen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durch. Die unabhängige Bewertung erfolgt durch externe Planungs- bzw. Ingenieurbüros. Auch die Gesamtfinanzierung wird definiert.

Die jeweils zuständigen Projektpartner, also die Infrastrukturbetreiber, beantragen notwendige Genehmigungen für einzelne Maßnahmen. Zur Erlangung des Baurechts beginnt ein Planfeststellungsverfahren.

Im Planfeststellungsverfahren prüft die zuständige Behörde das Projekt. Planungsunterlagen werden öffentlich ausgelegt. Bedenken und Einwände zum Projekt durch Bürgerinnen und Bürger werden geprüft, bewertet und beantwortet. Erst dann erteilt die Bezirksregierung den Planfeststellungsbeschluss und damit die Baugenehmigung.

Die Leistungen für den Infrastrukturausbau, die Fahrzeuge und den Betrieb der Stecke werden EU-weit ausgeschrieben und nach wirtschaftlichen Bewertungen vergeben.

Bauliche Maßnahmen beginnen, die Projektpartner setzen die Planungen in die Tat um. Der NWL koordiniert und bringt die Projektbeteiligten an einen Tisch und informiert Beteiligte und Öffentlichkeit über die weiteren Projektfortschritte.

Nach Abschluss der Bauarbeiten, Bereitstellung der Fahrzeuge und Vergabe der Strecke an ein Eisenbahnverkehrsunternehmen als Betreiber erfolgt die Inbetriebnahme der Reaktivierungsstrecke. Die Züge rollen!

Aktuelle Reaktivierungen und Machbarkeitsstudien in Westfalen-Lippe

Der NWL hat in den vergangenen Jahren einige Wiederinbetriebnahmen erfolgreich umgesetzt. Derzeit stehen besonders die Reaktivierungsprojekte >Münster – Sendenhorst und >Harsewinkel – Gütersloh – Verl im Fokus. Weitere Reaktivierungsstrecken befinden sich in Planung.