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BEMU: Batterieelektrische Fahrzeuge

Batterieelektrische Fahrzeuge für eine klimafreundlichere Zukunft

Effizient, emissionsfrei, geräuscharm: Der NWL wird künftig batterieelektrische Fahrzeuge, die nicht durchgängig über eine Oberleitung verfügen, auf den Strecken >Harsewinkel – Gütersloh – Verl und >Münster – Sendenhorst einsetzen. Die modernen Fahrzeuge stehen für einen lokal emissionsfreien Betrieb und Fahrgastkomfort. 

Dieselgeruch und lautes Motorenröhren waren gestern. Wesentlich leiser und vor allem abgasfrei fahren batterieelektrische Züge. Einfach gesprochen sind das Elektrotriebzüge, die mit einem zusätzlichen leistungsfähigen Akku ausgestattet sind. Dadurch können diese sogenannten BEMU-Fahrzeuge („battery-electric multiple unit“) auch Strecken befahren, die nicht durchgängig elektrifiziert sindDie Batterie kann während der Wende- oder Standzeiten aufgeladen werden. Sie kann aber nicht nur an geeigneten Bahnhöfen neue Energie tanken – auf Streckenabschnitten mit Oberleitung werden die Akkus während der Fahrt über den Stromabnehmer aufgeladen. Wird die Energie während der Fahrt bezogen, kann sie sowohl zum Nachladen der Batterie als auch direkt für den Antrieb genutzt werden.

Die Technologie basiert auf elektrischen Fahrmotoren. Diese sind robust und im Betrieb leise und emissionsfrei. Stammt der verbrauchte Strom aus nachhaltigen Quellen, kommen die Fahrzeuge zudem ganz ohne fossile Brennstoffe aus. Kein Wunder also, dass mittlerweile alle großen Fahrzeughersteller Akkutriebwagen anbieten. Im Schienenpersonennahverkehr werden sie bereits erfolgreich in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und auch in Österreich eingesetzt – und zukünftig auch in Westfalen-Lippe.

CAF Civity BEMU für die Strecken Münster – Sendenhorst und Harsewinkel – Verl

Der NWL hat sich für den Einsatz von BEMU-Fahrzeugen entschlossen: Für den künftigen Betrieb auf den Reaktivierungsstrecken Münster – Sendenhorst und Harsewinkel – Gütersloh – Verl wurden bereits zehn batterieelektrische Triebfahrzeuge bestellt. Der spanische Hersteller CAF (Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles, S.A) ist nach Beschluss der zuständigen Gremien mit der Lieferung der lokal emissionsfreien Züge beauftragt worden.

Die bestellten Fahrzeuge vom Typ „Civity BEMU“ sind für den Einsatz im Regionalverkehr ausgelegt. Der modulare Aufbau der Civity-​Triebwagen ermöglicht eine Anpassung an unterschiedliche Einsatzschwerpunkte, abhängig von Fahrgastaufkommen und Haltestellenabständen. Für einen schnellen Fahrgastwechsel sind die Fahrzeuge mit großzügigen Einstiegsbereichen ausgestattet und haben eine geringe Bodenhöhe für einen niveaugleichen Ein- und Ausstieg. Während der Fahrt sorgen der große Abstand zwischen den Sitzen sowie Mehrzweckbereiche für Fahrräder, Kinderwagen oder Rollstühle für eine bequeme Reise. Insgesamt stehen 160 Sitzplätze und 12 Fahrradabstellmöglichkeiten zur Verfügung. Zudem sind die Fahrzeuge mit Klapptischen, Steckdosen und WLAN ausgestattet und ermöglichen so effizientes Arbeiten während der Fahrt.

Der gleiche Fahrzeugtyp wird künftig auch auf den Linien des Niederrhein-Münsterland-Netz für Bewegung sorgen: Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und der NWL beschaffen daher gemeinsam insgesamt 63 Civity BEMU. Neben der Lieferung der Fahrzeuge übernimmt der Hersteller CAF auch die Wartung und Instandhaltung für einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren.

Das Vergabeverfahren wurde zunächst technologieoffen gestartet, d. h. die Fahrzeughersteller konnten sich wahlweise mit batterieelektrischen Fahrzeugen oder mit Fahrzeugen mit Brennstoffzellentechnik beteiligen. In mehreren Verhandlungsrunden stellte sich heraus, dass aufgrund der vorhandenen Elektrifizierung im Ballungsraum in den vorgesehenen Netzen BEMU-Züge deutlich wirtschaftlicher zu betreiben sind. Außerdem brachten sich alle am Verfahren beteiligten Fahrzeughersteller mit zahlreichen Optimierungsvorschlägen ein. So konnte nicht nur das Verfahren erfolgreich durchgeführt, sondern auch qualitativ hochwertige Fahrzeuge beschafft und ein ausgewogenes Vertragswerk geschaffen werden.

Abkehr vom Diesel: Akku effizienter als Wasserstoff

In Deutschland sind derzeit etwa 40 Prozent des staatlichen Eisenbahnnetzes nicht elektrifiziert. Werden die nicht-bundeseigenen Bahnen hinzugerechnet, sind es sogar 50 Prozent. Der Ausbau von Oberleitungen kostet nicht nur sehr viel Geld, sondern auch Zeit. Daher werden im Personenverkehr häufig nach wie vor Fahrzeuge mit Diesel-Antrieb eingesetzt. Auch wenn die Fahrzeuge heutzutage sehr energieeffizient sind, lassen sich mit ihnen die CO2-Emissionen im Bahnverkehr nicht senken. In der Theorie wären zwar synthetische Dieselkraftstoffe klimaneutral, doch stehen diese nicht in den nötigen Mengen zur Verfügung. Lokal emissionsfrei sind hingegen die Antriebstechnologien Akku und Wasserstoff.

In wasserstoffbetriebenen Zügen produziert eine Brennstoffzelle Strom für einen elektrischen Fahrmotor. Statt CO2 wird nur Wasserdampf ausgestoßen. Der Tank lässt sich schnell Auffüllen und reicht dann für lange Strecken von mehreren hundert Kilometern. Das Problem: Es gibt kein flächendeckendes Netz an Wasserstofftankstellen. Es müsste erst kosten-, zeit- und energieintensiv aufgebaut werden. Hinzu kommt, dass die Kosten für Wasserstoff hoch sind und nur wenig „grüner“ Wasserstoff verfügbar ist.

Batterie-Hybrid-Züge sind aktuellen Studien zufolge für kürzere Strecken mit häufigen Zwischenhalten die bessere Wahl und die wirtschaftlichste Lösung. Zu diesem Ergebnis kam zum Beispiel auch das Land Baden-Württemberg. Es ließ mögliche Diesel-Alternativen für nicht-elektrifizierte Streckenabschnitte untersuchen. Das Ergebnis: In den meisten Fällen sind Batterie-Hybrid-Züge die beste Lösung. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Aufgabenträger in Sachsen.

Weiterführende Links zu alternativen Antrieben

 

Akkutriebwagen und Speichertechnik: Eine Jahrhundertentwicklung

Batteriebetriebene Triebwagen haben in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt. Immer mehr Regionen in Deutschland ersetzen auf nicht-elektrifizierten Strecken Diesel- durch BEMU-Triebwagen. Auch der NWL sieht die Technologie als optimal für den Einsatz auf den nicht-elektrifizierten Nebenstrecken in Westfalen, sowohl auf den bestehenden Linien als auch auf zu reaktivierenden Strecken. Dass diese Art von Triebwagen herkömmlichen Zügen in Punkto Umweltfreundlichkeit weit vorausfahren, ist Ergebnis einer langen Entwicklungsgeschichte — denn Akkus kommen bei Eisenbahnfahrzeugen seit mehr als einhundert Jahren zum Einsatz.

Vom Schwergewicht zum Hängebauchschwein: Eine Rückblende

Ab 1907 gebaut wurden Triebwagen der Bauart Wittfeld. Sie wogen bis zu 83 Tonnen, allein die Akkus brachten satte 20 Tonnen auf die Waage — bei 200 bis 290 kWh Energieinhalt. Eingesetzt wurden damals Blei-Säure-Batterien, die zu den ältesten Energiespeichern gehören. Verbaut waren offene Zellen, bei denen regelmäßig Wasser nachgefüllt werden musste.

Doch die Fahrzeuge bewährten sich und erreichten hohe Jahreslaufleistungen. Ihr Einsatz bei der Deutschen Reichsbahn der DDR endete 1954, bei der Deutschen Bundesbahn rollten sie bis 1962. Einzig bei der polnischen Staatsbahn blieben sie noch länger im Einsatz. Heute ist nur noch ein einziges Exemplar in einem Eisenbahnmuseum im polnischen Skierniewice rollfähig erhalten geblieben.

Foto: Holger Michelmann; alle Rechte vorbehalten

Die Deutsche Bundesbahn versuchte die Vorteile der Technik mit einem modernen Fahrzeugkonzept neu zu nutzen und ließ den einteiligen ETA 176 entwickeln, aber nur in acht Exemplaren zwischen 1952 und 1958 bauen. Sie führten später die Baureihenbezeichnung 517 und wurden aufgrund ihres Äußeren und ihres Einsatzgebietes rund um Limburg später ›Limburger Zigarre‹ genannt.

Auch diese Fahrzeuge bewährten sich und waren bis 1984 im Einsatz. Sie wogen 84 Tonnen, die Batterie allein 19 Tonnen und boten einen Energieinhalt von rund 350 kWh. Eine letzte Zigarre ist noch rollfähig erhalten.

Foto: Wolfgang Märtens; alle Rechte vorbehalten

Kurz nach Entwicklung der Zigarre wurde nochmals ein Zug konzipiert, der auf den Erfahrungen seiner Vorgänger aufbaute. Das Fahrzeug wurde von 1954 bis 1965 als Trieb- und als antriebsloser Steuerwagen in großer Stückzahl von 232 Triebwagen als Baureihe 515 gebaut — und wies schon einen Energieinhalt von bis zu 550 kWh auf. Auch hier wog die Batterie rund 20 Tonnen bei einem Gesamtgewicht von 49 bis 56 Tonnen.

Der ›Akkublitz‹ war für den Einsatz auf Nebenbahnen mit leichterem Oberbau konzipiert, dazu musste das bisher hohe Gewicht der Vorgängerfahrzeuge reduziert und gleichzeitig der Instandhaltungsaufwand so gering wie möglich gehalten werden. Rahmen und Wagenkästen wurden daher in Leichtbauweise erstellt. Dies führte teilweise zu leicht durchhängenden Rahmen — daher der weitere Spitzname ›Hängebauchschwein‹. Sie waren in verschiedenen Regionen auf Strecken der DB unterwegs, bewährten sich ebenfalls gut und waren bis 1995 unterwegs. Nur zwei Exemplare sind erhalten, jeweils eines in einem Eisenbahnmuseum in Bochum und in Nördlingen.

Foto: Holger Michelmann; alle Rechte vorbehalten